Ein solches Angebot gibt es in ganz Baden-Württemberg nur in Hechingen
Das Berufliche Schulzentrum Hechingen (BSZ) bietet seit diesem Schuljahr die generalistische Pflegeausbildung als einzige Schule in Baden-Württemberg nicht nur in Vollzeit, sondern auch in Teilzeit an. Frau Caroline Amann leitet den Bereich Pflege der Hechinger Schule. Im Interview spricht sie über die bisherigen Erfahrungen und Herausforderungen mit dem neuen Schulangebot.
Frau Amann, auch bisher gab es schon die Möglichkeit, die generalistische Pflegeausbildung in Teilzeit zu absolvieren. Was hat sich mit Beginn dieses Schuljahrs geändert?
Bisher war es so, dass nur die praktische Ausbildung in Teilzeit erfolgt ist und die Schule in der Freizeit besucht werden musste. Außerdem konnte der theoretische Teil in der Schule bisher nur in drei Jahren absolviert werden. Dies bedeutete eine große Stofffülle in diesen drei Jahren. Seit diesem Schuljahr haben wir eine generalistische Pflegeausbildung in Teilzeit, die die Bedürfnisse der Auszubildenden viel besser berücksichtigt und eine stressärmere Ausbildung ermöglicht. Die Schultage zählen jetzt auch als Arbeitszeit und der Stoff, der zuvor in drei Jahren gelernt werden musste, verteilt sich jetzt auf vier Jahre. Damit ist es eine echte Teilzeitausbildung, sowohl in der Schule als auch in der praktischen Ausbildung. Dies ist gegenüber den Auszubildenden eine faire Lösung, die wir als Schule sehr begrüßen, denn jetzt können Menschen eine Ausbildung starten, die zuvor vor einer dreijährigen Vollzeitausbildung zurückgeschreckt sind. Ein solches Angebot gibt es in ganz Baden-Württemberg nur in Hechingen.
Wer entscheidet sich für die Ausbildung in Teilzeit?
Für Mütter mit kleinen Kindern kommt oft nur eine Teilzeitausbildung in Frage, da sie auch noch Zeit für ihre Kinder haben möchten. Auch Auszubildende, die noch Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache haben, profitieren von der Teilzeitausbildung. Sie haben so mehr Zeit, sich die teils sprachlich anspruchsvollen theoretischen Inhalte anzueignen. Wir haben seit diesem Jahr aber auch Auszubildende in der neuen Teilzeitausbildung, die nebenher noch andere Interessen haben oder einfach die Ausbildung mit weniger Druck absolvieren möchten.
Wie kommen die Auszubildenden mit der Doppelbelastung Ausbildung und Kind zurecht?
Dank der Teilzeitausbildung haben sie weniger Druck, speziell was die theoretische Ausbildung angeht. Eine Tätigkeit in Teilzeit erlaubt zudem mehr Flexibilität in der Dienstplanung, da Mütter ja abhängig von den Kinderbetreuungszeiten sind. Sie haben zwar immer noch eine Doppelbelastung, die Chance auf einen erfolgreichen Ausbildungsabschluss ist aber deutlich gestiegen.
Wie kommt die Teilzeitausbildung bei den Arbeitgebern an?
Hier sehe ich noch großen Verbesserungsbedarf. Es gibt natürlich schon Arbeitgeber, die den Auszubildenden etwa bei den Arbeitszeiten entgegenkommen. Fast alle Auszubildenden berichten jedoch von Schwierigkeiten, überhaupt eine Einrichtung zu finden, die eine Ausbildung in Teilzeit unterstützt. Bei dem aktuellen Personalmangel in der Pflege kann ich dies kaum nachvollziehen. Hier ist ein Umdenken bitter nötig.
Was müsste sich Ihrer Meinung nach ändern, damit die Teilzeitausbildung noch attraktiver würde?
Vor allem müssten die Pflegeeinrichtungen noch offener für die Teilzeitausbildung werden. Es gibt aber auch immer wieder Probleme mit der Kinderbetreuung. Da die meisten Pflegenden im Schichtdienst arbeiten, brauchen die Auszubildenden flexiblere Kinderbetreuungszeiten, die sich problemlos mit den Arbeitszeiten in der Pflege koordinieren lassen.
Info
Die vierjährige generalistische Pflegeausbildung in Teilzeit deckt alle Einsatzbereiche ab: Pflege im Krankenhaus, ambulante Pflege, Langzeitpflege in Altenheimen oder Wohngruppen und Kinderkrankenpflege; wenn die Auszubildenden dies wünschen, können auch Einsätze im Hospiz oder in der Pflegeberatung absolviert werden.
Der Unterricht findet nicht mehr in einzelnen Fächern statt, sondern es werden anhand von praxisnahen Situationen Kompetenzen wie etwa Kommunikation, Recht, Ethik und natürlich fachliche Kompetenzen vermittelt.
Die Ausbildung kann von der Agentur für Arbeit gefördert werden. So können sich etwa Personen, die bereits in der Pflege tätig sind und keine Einbußen beim Gehalt wollen, berechtigte Hoffnungen darauf machen, dass das Ausbildungsgehalt auf das bisherige Gehalt aufgestockt wird. Nach der Ausbildung winkt ein sicherer Arbeitsplatz und bisher nur angelernte Pflegekräften können sich zudem auf ein weitaus besseres Gehalt freuen.